Gnade statt Leistung – warum das Evangelium jeden menschlichen Aufwand übertrifft

Liebe Brüder und Schwestern in Christus,

während wir unsere Reise durch die zweite Gottesdienstreihe fortsetzen, in der wir die Weltreligionen erkunden. Dieses Thema ist nicht nur akademisch – es ist zutiefst persönlich. In einer Welt voller unterschiedlicher Glaubensrichtungen sind wir aufgerufen, den einzigartigen Schatz des Evangeliums zu verstehen, darüber nachzudenken und daran festzuhalten. Die Worte von F. Piper sind von nachhaltiger Bedeutung: Im Kern lassen sich alle Religionen in zwei Kategorien einteilen – Religionen des Gesetzes und die Religion des Evangeliums.

Über Kulturen und Glaubensbekenntnisse hinweg strebt die Menschheit danach, sich durch Anstrengung Gunst, Erleuchtung oder Ewigkeit zu verdienen. Ob durch gute Taten, Rituale der Vorfahren, meditative Erleuchtung oder sogar weltliche Ideale wie „Living Green“, um eine bessere Zukunft zu sichern, das Muster bleibt dasselbe: „Was ich hineinstecke, bekomme ich auch wieder heraus.“ Selbst der Atheismus hängt in seinem Streben nach gesellschaftlichem Fortschritt oft von menschlichen Handlungen ab. Dies sind Pfade des Gesetzes – wo unser Ansehen von unserem Streben abhängt.

Aber das Evangelium dreht dieses Drehbuch völlig um. Im Christentum geht es nicht darum, was wir tun – es geht darum, was Christus getan hat. Am Kreuz hat Gott alles für uns vollbracht. Keine noch so große Anstrengung, kein noch so großes Maß an Schuld oder Tugend kann zu seinem vollendeten Werk etwas hinzufügen oder davon abziehen. In der Taufe, in der Heiligen Schrift und am Abendmahlstisch empfangen wir die Gaben der Gnade: Vergebung, Annahme und ewiges Leben. Wir sind gerettet, nicht weil wir nach oben klettern, sondern weil Christus zu uns herabgestiegen ist.

Wir erforschen diese Wahrheiten nicht, um zu spotten oder zu verurteilen, sondern um die „kostbare Perle“ (Matthäus 13,46) mitfühlend zu teilen. In einer Welt, in der Fairness flüchtig ist und Anstrengungen oft scheitern, spricht das Evangelium ein besseres Wort: „Du wirst geliebt, nicht wegen dem, was du tust, sondern wegen dem, was Christus getan hat.“ Dies ist die Hoffnung, die wir in uns tragen – nicht nur für uns selbst, sondern für alle, die nach Ruhe in einer müden Welt hungern.

Diese Wahrheit leuchtet am hellsten, wenn das Leben zerbröckelt. Ob durch unser Versagen oder die Grausamkeit anderer, unser Stand vor Gott bleibt unerschütterlich. Seine Gnade ist keine Belohnung für gute Tage oder eine Strafe für schlechte – sie ist ein Geschenk, standhaft und sicher. Wenn die Schuld flüstert: „Du musst mehr tun“, ruft das Evangelium: „Es ist vollbracht!“

Während die Fastenzeit näher rückt, gehen wir den düsteren Weg zum Kreuz – eine Erinnerung daran, dass unsere Erlösung durch das Leiden Christi erlangt wurde, nicht durch unser Streben. Doch wir heben auch unsere Augen zum Horizont, wo er zurückkehren wird, um alles neu zu machen. Bis dahin leben wir als Menschen der Hoffnung und verkünden in Wort und Tat: „Kommt und kostet die Freiheit einer Liebe, die nichts verlangt, sondern alles empfängt.“

Euer Bruder in Christus,
Pastor Werner Straeuli