Und am Morgen, noch vor Tage, stand Jesus auf und ging hinaus. Und er ging an eine einsame Stätte und betete dort. Simon aber und die bei ihm waren, eilten ihm nach. Und als sie ihn fanden, sprachen sie zu ihm: Jedermann sucht dich. Und er sprach zu ihnen: Laßt uns anderswohin gehen, in die nächsten Städte, daß ich auch dort predige; denn dazu bin ich gekommen. Mk 1:35-38
Ihr Lieben,
Jesus an einer einsamen Stätte sucht die Gemeinschaft mit seinem Vater. Nach einem langen, arbeitsreichen Tag, entzieht er sich und sucht die Stille auf. Am frühen Morgen, oft auch über lange Nachtstunden, in einsamen, verlassenen Gegenden nutzt Jesus die Stille zum Gebet. Die Einsamkeit als Chance allein mit seinem himmlischen Vater zu sein. Gestärkt, mit neuer Kraft verliehen, setzt er sich dann erneut ein, das zu tun, wozu er gekommen ist.
Eine einsame Stätte bietet auch uns eine Chance ins Gespräch mit unserem himmlischen Vater zu treten. Vielfach müssen wir uns solche einsame Stätte freischaufeln—früh am Morgen oder spät in der Nacht. Oft jedoch ist sie plötzlich da, unerwartet und vielfach gar unerwünscht. Eine einsame Stätte braucht dabei nicht immer nur ein physischer Ort zu sein, Nein, sie kann sich ganz innerlich bei uns auftun: wir fühlen uns plötzlich lehr, von anderen getrennt, während wir erfüllt sind mit Gefühlen der Angst, der Sorge, der Trauer, der Einsamkeit, der Reue. Jedoch, ob äußerlich an einem einsamen Ort oder innerlich, solche Zeiten bieten Gelegenheiten zu tun, was Jesus tat—unseren himmlischen Vater im Gebet aufzusuchen. Auch wenn der Ort, in der Welt oder in unserem Herzen verlassen und einsam scheint, so ist er doch keinesfalls öde und wüst. Wie der himmlischer Vater seinem Sohn in einsamen Stätten nahe war, so können wir im Glauben an Christus auch gewiss sein, dass er uns nahe ist.
„Lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Tron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden, zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben“ (Hebr 4,16). Mit Zuversicht erscheinen wir vor Gott im Gebet, weil Christus an einer unvergleichbar einsamen Stätte ging. Verlassen, aber ohne Sünde, trug er einsam und allein die Sünde der Welt. Und in dieser dunklen Stunde betete er: Für die Feinde, für uns alle — „vergib ihnen“. Er rang im Gebet mit seinem Vater. Als alles Vollbracht war, die Sünden der Welt gezahlt, legte er schließlich mit fester Hoffnung des Lebens und der kommenden Auferstehung alles in Gottes Hand: „In deiner Hände befehle ich meinen Geist“.
Das ist auch unser Gebet, an einem einsamen Ort, an jedem Ort. Möge Gott uns in dieser Advents– und Weihnachtszeit die Chancen einsamer Stätten erkennen lassen, damit wir da mit unserem himmlischen Vater reden und nicht nur erkennen, wir sind nie ganz allein, sondern auch dies: wir sind Gottes Kinder durch Jesus Christus, der unser Gebet gerne hört. Amen.
Es grüßt euch, euer Pastor,
Helmut Paul