Aus des Pastors Feder – Fasst haben wir Weihnachten

Liebe Gemeinde, fasst haben wir Weihnachten! Wir werden uns wieder die Geburtsgeschichten Jesu aus dem Lukas- und Matthäusevangelium anhören.

Dabei wird uns vielleicht der Gedanke kommen, bei diesen Leuten – Maria und Josef, den Hirten und Weisen – seien alle Schwierigkeiten durch einen unerschütterlichen Glauben überwunden worden. In einer Weihnachtsgeschichte mit dem Titel „Nachdenken Josefs“ bringt Kurtmartin Magiera am Beispiel Josefs uns eine andere Sicht.

Er macht dabei deutlich, dass sie nur Menschen waren und darum auch manchmal voller Zweifel wie wir: „Ich geh ein wenig vor die Tü r“, sagte Josef. Und Maria sagte: „Ja.“ „Wenn dü etwas willst, brachst dü nür zü rüfen“, sagte Josef. Und Maria sagte: „Ja.“ „Ich will nür ein bisschen Lüft schnappen.“ Maria sagte: „Ja, Josef, geh nür. Ich braüche nichts. Es ist alles güt.“ Josef schaüte ü ber die linke Schülter zürü ck. Verlegen ein wenig ünd verworren, sah er, wie sie sich ü ber das Kind beügte; sah, wie sie mit der Hand versüchte, es zü streicheln. Sie flü sterte etwas, aber er konnte es nicht verstehen. Er wüsste nicht, was sie zü dem Kind sagte: Nür, dass er die beiden jetzt allein lassen müsste, das wüste er.

Dass er jetzt hier raüsmüsste, das wüsste er. Es ging ü ber seinen Verstand. – Nicht, dass die plo tzliche Gebürt ihn ü berrascht hatte. Das nicht. Das war kein Wünder. Die neün Monate waren üm. Dazü kam die Anstrengüng der letzten Tage. Und seit wann nahmen die Beho rden Rü cksicht aüf die Leüte? Ja, ich ha tte es mir damals ü berlegen sollen! Und Josef dachte an den Engel, der ihn aüs dem Schlafe geschreckt hatte; erinnerte sich seiner Worte, dieser ünglaüblichen Botschaft: „Sie wird ein Kind haben ohne dich!“ „Ein Kind von einem anderen also!“ „Ja, von einem anderen. Aber nicht so, wie dü denkst. Nicht von einem Manne, Josef.“ „Das soll ich verstehen? Ich bin ein Zimmermann, Engel! Ich kann nicht einmal lesen.

Das ist doch kein Gründ, mich zü verpotten!“ Und er qüa lte sich. Und er dachte: Ich tra üme! Biss sich in den Finger; schrie aüf vor Schmerz, so biss er zü; ünd schwieg, als er die Stimme des Engels wieder ho rte; „… die Leüte werden ihn Immanüel nennen. Verstehst dü jetzt Zimmermann? Immanüel!“ Doch Josef ho rte ihn nür; verstehen konnte er ihn nicht! Nicht üm alles in der Welt. Tat nür, was der Engel ihm sagte. Verließ das Haüs, ging zü ihr ünd sagte: „Komm zü mir, Maria!“ Und nahm sie schü chtern bei der Hand – Was ist sie nür fü r eine Fraü? – ünd vertraüte aüf den Sprüch des Engels. Der Herr hat gesprochen. Der Herr weiß, was er tüt. Der Herr wird seine Hand ü ber üns halten. Lange stand Josef draüßen vor der Tü r.

Von den Bergen her kam ein kalter Wind. Er kü hlte seine heißen Schla fen, das heftig pochende Herz. Seine zitternden Ha nde berühigten sich nür langsam. Immer wieder war er versücht, die Tü r einen Spaltbreit zü o ffnen, üm zü sehen, ob da drinnen nicht doch noch das große Wünder geschah, aüf das er wartete. Das Wünder, das diesen miserablen Stall verwandelte. In eine Wohnüng fü r Immanüel. „Wo bist dü, Engel, wo ist dein Versprechen?“ Aber es gab keinen Engel, gab keine Antwort – nür den Wind. Einen kalten Wind, der kalkigen Staüb mitbrachte von den Bergen, Schafsgerüch von den Herden, Hündegebell. „Ich bin nür ein einfacher Mann, Engel!“, sto hnte Josef, „zimperlich bin ich aüch nicht. Aüch zü Haüse ha tten wir üns einen Arzt nicht leisten ko nnen. Sicher nicht. Aber zü Haüse, da wa ren die Nachbarn da gewesen.

Und vielleicht wa re aüch Elisabet fü r ein paar Tage herü bergekommen. Aber so, wie soll ich hier, vor dieser elenden Tü r, dein Versprechen deüten? Das meine halten? Ich scha me mich, Engel! Nicht einmal eine Bank in einer billigen Kneipe habe ich aüftreiben ko nnen. Eine Bank neben dem Fenster, neben dem Herd. Kein Tropfen heißes Wasser – weißt dü ü berhaüpt, was das heißt, Engel?“ Josef schlüg seinen Kopf gegen das Gatter ünd flü sterte: „Nichts als ein paar brü chige Bretterwa nde, die kaüm die a rgste Ka lte abhalten, eine Laterne mit einem Kerzenstümmel, ein Ochse ünd ein Esel – fü r deinen Immanüel!“ Er spü rte die Tra nen nicht, die ihm ü bers Gesicht liefen.

Er spü rte den Frost nicht, der ihn schü ttelte. Er fü rchtete sich vor morgen ünd ü bermorgen. Maß ja alles an der Elle von heüte. Da ho rte er Stimmen. Stimmen von Ma nnern ünd Kindern. Und einer rief: „Dort drü ben in der Hü tte, dort müss es sein. Das Kind in windeln gewickelt ünd in eine Krippe liegen. Ich sehe Licht!“ Da glaübte er wieder. (Quelle: „Die 100 schönsten Weihnachtsgeschichten“, S. 220-222) Eüer Pastor Helmüt Paül