Liebe Gemeindeglieder,
das neue Jahr ist bereits 3 Monate alt, und ich denke über das nach, was ich letztes Jahr erwähnt habe. Wir haben uns mit der spirituellen Praxis des Fastens befasst und den Wert, den es für unser Leben haben kann, herausgefunden. Doch in diesem neuen Jahr möchte ich über etwas anderes sprechen, ich möchte unseren Fokus auf einen anderen grundlegenden Aspekt unseres christlichen Lebenswegslenken.
In unserer letzten Jahreshauptversammlung hatte ich das Privileg, über einen Vers aus dem 1. Korintherbrief, Kapitel 16, Vers 14, zu sprechen. Dort heißt es: „Alles, was ihr tut, geschieht in Liebe“ – „Alles, was ihr tut, soll in Liebe geschehen“. Es ist nicht nur ein Aufruf zu passiver Zustimmung oder oberflächlichen Gesten der Freundlichkeit, sondern eine Aufforderung, die Liebe in ihrer wahrsten Form zu verkörpern.
Ich will gerne die Gedanken wiederholen, die ich während unserer Versammlung geäußert habe:
„Wenn wir über den Vers aus 1. Korinther 16,14 nachdenken – ‚Alles, was ihr tut, geschieht in Liebe‘ -, ist es unerlässlich, die Tiefe dieses Gebots zu erfassen. Liebe ist nicht nur eine Zustimmung oder eine passive Haltung, die uneingeschränkte Handlungen zulässt. Genauso wie fürsorgliche Eltern Liebe nicht damit gleichsetzen, jede Laune ihres Kindes zu befriedigen – wohl wissend, dass Nachsicht nicht nährt, sondern verdirbt -, geht Liebe über das bloße Nachgeben hinaus. Sie drängt sich nicht auf und besteht nicht nur auf ihrem eigenen Weg; vielmehr drückt sie sich darin aus, anderen zu dienen und ihre Bedürfnisse vor die eigenen zu stellen. Dies bedeutet jedoch keine Schwäche oder ein Zurückweichen vor dem, was für den anderen das Beste ist. Die christliche Liebe ist nicht schwach, sie ist stark, vor allem wenn es darum geht, die Botschaft Christi weiterzugeben. Es ist wichtig zu verstehen, dass Liebe und Wahrheit sich nicht gegenseitig ausschließen; sie sind miteinander verwoben. Liebe ohne Wahrheit ist nicht echt, aber die Verbreitung von Wahrheit ohne Liebe entspricht nicht dem Wesen des christlichen Mitgefühls. Es geht nicht um ein Entweder-Oder, sondern um eine wunderbare Verschmelzung von beidem.“
In dieser Fastenzeit werden wir mit dem tiefgreifenden Paradox des Kreuzes konfrontiert – einem Symbol sowohl für die harte Realität der menschlichen Sündhaftigkeit als auch für die grenzenlose Liebe Gottes. Das Kreuz erinnert uns eindringlich daran, wie sehr wir der Erlösung bedürfen und wie unermesslich groß die Liebe Gottes zu uns ist. Es ist eine Wahrheit, die die Dunkelheit unserer Gebrochenheit durchdringt und den Weg zu Versöhnung und Wiederherstellung erhellt.
Mögen wir auf unserem Weg durch diese Zeit der Besinnung und der Buße daran erinnert werden, dass wahre Liebe nicht immer bequem oder praktisch ist. Sie findet sich in der Wahrheit, dass Gott seinen Sohn gab, um für uns zu sterben, eine Wahrheit, die uns herausfordert, uns mit unseren eigenen Unzulänglichkeiten auseinanderzusetzen und anderen Gnade zu erweisen.
Wenn wir über die greifbaren Manifestationen dieser Botschaft der Liebe in unserer Gemeinde nachdenken, sehen wir, dass sie jeden Aspekt unseres gemeinschaftlichen Lebens durchdringt. So will ich doch zwei Beispiele hervorheben. Erstens erleben wir bei der jüngsten Konfirmation von Liska und Berno Meyer sowie von Carla und Bruno Niebuhr aus erster Hand, wie ein Leben in dieser Liebe ein tiefes Eintauchen in Gottes Wort erfordert. Durch ihr Engagement im
Konfirmationsprozess haben diese Menschen gezeigt, dass sie bereit sind, sich in die Heilige Schrift zu vertiefen, um Weisheit und Verständnis aus den Lehren Christi zu gewinnen. Ihr Weg ist ein Zeugnis für die verwandelnde Kraft der Liebe Gottes, die sie auf ihrem Weg des geistlichen Wachstums und der Nachfolge leitet. Sie haben uns gezeigt, wie die Kinder es jedes Jahr tun, dass ein immer weiter sich in Gottes Wahrheit und Liebe hineinzutauchen einfach zum Christentum dazugehört.
Darüber hinaus sehen wir auch diese Liebe in der Handlung durch die jüngste Wahl von Gunther Böhmer in den Kirchenvorstand. Es ist wichtig zu erkennen, dass es bei dieser Entscheidung nicht nur darum ging, einen Posten innerhalb unserer Verwaltungsstruktur zu besetzen. Vielmehr war es eine bewusste Entscheidung, die Verkörperung von Gottes Liebe in unserer Gemeinde aktiv zu fördern. Über die Verwaltungsaufgaben hinaus besteht Gunthers Aufgabe darin, seine Vorstandskollegen, mich eingeschlossen, dabei zu unterstützen, ein Umfeld in der Gemeinde zu fördern, in dem die Liebe Gottes in jeder Interaktion und Entscheidung spürbar zum Ausdruck kommt. Ob es um Seelsorge geht, um Besuche bei Kranken und älteren Menschen oder sogar um die logistischen Aspekte der Kirchenverwaltung, der Kirchenvorstand dient der Gemeinde in unserer gemeinsamen Identität als Nachfolger Christi. Wir wollen nicht nur eine Kirche als Geschäftseinheit führen, sondern die Liebe und Wahrheit Christi in allem verkörpern, was wir tun.
Lasst uns in den kommenden Tagen und Wochen danach streben, die Worte aus 1. Korinther 16,14 in jedem Aspekt unseres Lebens zu leben. Lassen wir uns in unseren Handlungen von der Liebe leiten – einer Liebe, die das höchste Wohl der anderen sucht, auch wenn das Opfer oder Unannehmlichkeiten erfordert. Mögen wir diese Liebe in unseren Beziehungen, in unseren Gemeinschaften und in unserem Dienst an anderen verkörpern und so Zeugnis von der verwandelnden Kraft der Liebe Gottes in unserer Mitte ablegen.
Mit freundlichen Grüßen
Pastor Werner Straeuli