Aus des Pastors Feder – Sammt allen Kreaturen

Jetzt soll der Blick wieder in die Weite gehen. Von uns aus wiederum in die Welt. „Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat, sammt allen Kreaturen…

Liebe Gemeinde, liebe Leserin, lieber Leser Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit. Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, nach deinem Wohlgefallen.“ Ps 145,15-16

Bei der vorigen Ausgabe wurden wir vom Staunen über die Schöpfung zum Staunen über Gott, vom Staunen über die Schöpfung zum Staunen darüber, dass Gott uns geschaffen hat, geführt. Es ging beim Überlegen über Gott unseren Schöpfer darum, dass wir uns als seiner Geschöpfe sehen. Dass jeder sich selbst als Geschöpf Gottes wahrnimmt: „Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat…“

Jetzt soll der Blick wieder in die Weite gehen. Von uns aus wiederum in die Welt. „Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat, sammt allen Kreaturen…“ Durch unseren Körper sind wir mit der Welt verbunden. Wir sind geschaffen worden, um in ein Verhältnis zu unserem Schöpfer zu stehen, um mit ihm Gemeinschaft zu haben. Aber wir sind auch 3 geschaffen worden, um in ein Verhältnis mit anderen Geschöpfen und mit der Umwelt zu stehen, um mit ihnen Gemeinschaft zu haben. Denn eben durch unsere Mitmenschen und die Umwelt erweist sich Gott als unser Vater, der uns täglich erhält.

Gott hat uns nicht in einen Vakuum, einen luftleeren Raum, hinein geschaffen, wo wir – jeder für sich – ihm unseren Schöpfer für Leib und Seele danken und ihn loben. Wo er uns immer das Nötige direkt gibt. Nein, er hat uns in eine Welt gestellt. Durch unsere Eltern kamen wir in diese Welt. Gott hat durch andere uns geschaffen. Und eben durch andere gibt Gott uns unser täglich Brot, erhält und ernährt er uns. Gott erweist sich täglich als unser Vater, der uns erhält, der uns Speise gibt. So sagt der Psalm 145: „Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit. Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, nach deinem Wohlgefallen.“

Gott gibt Speise. Gott tut seine Hand auf. Gott sättigt. Wie macht er dieses? Wie erhält er uns? Durch unseren Nächsten: durch den Farmer, durch die Mutter, durch den, der das Gemüse zum Laden fährt, durch die, die die Milch in die Regale packt, durch den, an der Kasse oder auch durch den, der den Müll entsorgt. Gott gibt Speise durch unsere Arbeit in der Welt, durch unseren Dienst am Nächsten. Dass Gott sich als unser Vater erweist, können wir also jeden Tag sehen. Durch viele verschiedene Arbeiten erhält Gott uns am Leben und schenkt er uns seine Gaben. Die Gaben, die wir empfangen, erinnern uns aber zugleich auch an die Aufgaben. Die Erklärung zum ersten Artikel ist in diesem Schema aufgebaut: Gottes Gaben – meine Aufgaben: Mein Körper, meine Vernunft, meine Kleidung, meine Familie, meine Arbeit und dann: „des alles ich ihm zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu sein, schuldig bin!“

Gott danke und lobe ich, im Singen und Beten, im Schweigen und im lauten Jubel, zu Hause, bei der Arbeit und am Sonntag im Gottesdienst, ja ständig. Und Gott diene ich und bin ihm gehorsam, eben wenn ich meinen Nächsten diene und ihn liebe. Dieses kann bei der Arbeit geschehen, wo Gott durch meine Hände, andere ernährt. Ich diene aber auch meinen Nächsten zu Hause in der Familie oder auch bei der Kirche. Wir dienen indem wir andere lieben, mit ihnen sprechen, uns an ihrem Glück freuen und mit ihnen ihr Leid tragen. Wir dienen, indem wir den von Gott empfangenen Körper ensetzten und andere helfen und in der Welt arbeiten.

„Es ist ja, Herr, dein Geschenk und Gab mein Leib und Seel und was ich hab in diesem armen Leben. Damit ichs brauch zum Lobe dein, zu Nutz und Dienst des Nächsten mein, wollst mir dein Gnade geben“ (LG 301,2). Ja der Glaube an Gott mein Schöpfer, an Gott mein Vater und Erhalter, lässt mich nicht bei mir selbst, führt nicht in eine individualistische Gesellschaft. Die Gaben, die Gott mir gibt, sind nicht zum Selbstzweck bestimmt, sondern wurden mir anvertraut, um damit Gott und meinen Nächsten zu dienen.

Erkenne ich Gottes Gaben an mir, so öffne ich meine Augen für den Nächsten, öffne mein Herzen und meine Hände für die, die Gott mir anvertraut hat und die, die täglich und wöchentlich mein Nächster sind. Durch mich gibt Gott andere Speise und durch andere werde ich täglich ernährt und erhalten. Liegt uns daher eine Mahlzeit auf dem Tisch, dann erkennen wir im Glauben, dass Gott hier am Werk ist, dass er unser Vater ist, der uns unsere Speise gibt. Schließlich ist noch, wenn wir über Gott als Vater und Erhalter nachsinnen, auf die Worte einzugehen in Ps 145, die uns nicht so leicht fallen: „Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.

Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, nach deinem Wohlgefallen.“ Nicht immer wird uns unsere Speise zu unserer Zeit gegeben und nach unserem Wohlgefallen. Oft müssen wir warten und uns im Vertrauen auf Gottes Vatersein einlassen. Bekennen wir Gott als unseren Vater, dann fordert das auch Vertrauen, dass er weiß, wann, wo und auf welcher Art er uns unsere Speise gibt. Von diesem Vertrauen auf Gott den Vater bezeugen, beten und singen viele Gesänge und sind sie uns daher auch eine Hilfe dort, wo wir auf Gottes Wirken warten. Immer dürfen wir wissen, dass unser himmlischer Vater uns stets in seiner Hand hält und dort, wo uns sein Wirken als Vater und Erhalter verborgen bleibt, sollen wir fliehen zu dem Ort, wo er sich in seinem Wirken tatsächlich als unser Vater sichtbar erwiesen hat: nämlich in seinem Sohn Jesus Christus. Euer Pastor Helmut Paul